Als ich heute morgen aufwachte, war der Regen vorbei und ich schaute in einen leicht wolkenbehangenen blauen Himmel.
Das Aufstehen, sprich aus dem warmen Schlafsack in den kalten nackten Morgen zu wechseln, blieb eine Überwindung. War es geschafft, konnte man sich keinen besseren Start in den Tag vorstellen.
Ich holte meinen Kocher aus der Taschen und baute ihn auf die Gasgartusche. Ich hatte mir extra einen mit Selbstzünder geholt, damit ich kein Feuerzeug benötige... jetzt weiß ich, dass man trotzdem eins dabei haben sollte, für den Fall der Fälle...
Der trat nämlich an meinem ersten Morgen ein... der Kocher funktionierte nicht. Ich sah den kleinen Funken, aber trotz aufgedrehten Gas, sprang der Funke nicht über! Ich variierte mit der Menge der Gaszufuhr, aber der Kocher blieb stur :(
Puh, das hatte ich mir anders vorgestellt und malte mir schon im Kopf aus, dass ich keinen heißen Kaffee genießen könnte und offensichtlich kaltes Essen zu mir nehmen würde ... Gut, spätestens in Reds Meadow (Mammoth Lake) könnte ich mir einen neuen besorgen.
Da ich aber trotzdem Lust auf Kaffee hatte, rührte ich mir das Instantpulver kalt an... Zusammen mit meinem MCT-Creamer ließ sich das sogar ganz gut trinken... Kalter Kaffee halt :)
Danach ging es ans Einpacken bzw. Zusammenpacken des Rucksackes. Das Zelt war nass und wurde auch so eingepackt... warten bis es trocken ist, wollte ich nicht.
Bevor ich los ging wurden bei Garmins geweckt:
Die erste Etappe war Aufstieg zum Donohue Pass. Hier galt es noch 4 km und ca. 250 HM zu überwinden... Zur Erinnerung: ich war bereits auf 3030 HM.
An das Gewicht des Rucksackes hatte ich mich tatsächlich schnell gewöhnt... an die Elevation offensichtlich (noch) nicht. Ich brauchte knapp 2 std um die fehlenden 2,5 Meilen zu schaffen. Das war echt frustrierend und warf mich gedanklich in den "Abbrechmodus" zurück. Wie konnte es so anstrengend sein ... ich bin doch konditionell recht fit!!!
Hier lernte ich, dass die Geduld erneut ein wichtiger Kumpel in meinem Leben werden sollte. Die Gelassenheit und ich sind mittlerweile schon sehr eng befreundet, aber die Geduld ist ein Kind für sich.
Natürlich ist es für ein Sea-Level-Bewohner wie ich es bin, eine Umstellung plötzlich auf 3000HM "Sport" zu verrichten. Der Körper braucht Zeit!
Und ich bin dankbar, dass bei mir die Zeit auch geholfen hat. Ich habe von anderen Wanderern gehört, dass sie sich nicht an die Höhe gewöhnen konnten und die Wanderung abgebrochen haben.
Ich durfte mich weiter in den Höhen rumtreiben und ja, es blieb anstrengend... aber positiv!
Die Aussicht half auch immer über die Anstrengung hinweg... dann blieb man halt stehen und schaute sich um <3
Der Donohue Pass war mit einigen Schneefelder versehen, welche aber gut zum umlaufen waren oder auch vorsichtig begehbar.
Und hier oben hatte ich sogar Handyempfang. Das nutze ich aus, um ein paar Lieben von meinem derzeitigen Gemütszustand wissen zu lassen ... und auch das ein oder andere Bild loszuschicken.
Ich hatte bis dato übrigens noch keinen anderen Wanderer gesehen...
Mit dem Gedanken im Kopf, dass ich in Reds Meadow den Trail wieder verlassen werde, ging es für mich an den Abstieg. Es wurde natürlich einfacher mit der Luft und ich bewegte mich "leichter"... ich fing an es zu genießen und grüßte die erste entgegenkommenden Hiker fröhlich.
Die Natur war einfach wunderschön und die Sonne wies mir den Weg.
Es folgten zwei Creeküberquerungen, wo ich nasse Füße bekam und ein weiterer Pass (Island Pass) erhob sich vor mir, den ich nicht drauf hatte. Also schraubte ich mich erneut bergauf und merkte, dass die Luft schon besser wurde. Oben auf dem Pass angekommen wurde ich förmlich erschlagen von der Schönheit.
Dahinter war es nicht mehr weit zu dem Thousand Island Lake, der in den JMT Foren/ Gruppe als ein Highlight des JMTs beworben wurde. Und ja, der See war wirklich wunderwunderschön <3.
Ein Blick auf meine Uhr zeigte mir, dass ich schon einige Kilometer hinter mich gebracht hatte und ich mir durchaus über meinen Schlafplatz Gedanken machen könnte.
Thousand Island Lake bot eine Reihe an Campspots und es tummelten sich auch viele Wanderer hier. Einige machten nur Pause und andere schwärmten aus, um sich eine Site zu sichern.
Ich entschied mich noch ein Stück weiterzugehen, obwohl ich mich gestern Abend doch so sehr über Gesellschaft gefreut hätte. Ich muss das nicht verstehen und so zog ich links am See vorbei.
Es folgte ein weiterer See, der Emerald Lake, welchen ich passierte, bis ich auf den Ruby Lake traf. Gesehen, verliebt und geblieben.
Es ging ein kleiner Weg neben dem Haupttrail hoch, welcher zu Campsites führte. Ich nahm gleich den erstbesten... und ließ meinen Rucksack von den Schultern gleiten.
Es folgte das bekannte Prozedere von gestern: Zelt auspacken, aufbauen, Wasser filtern, umsehen, genießen, Essen vorbereiten usw.
Ok, nicht ganz... Das Aussenzelt wurde zum Trocknen erstmal über einen Baumstamm gehängt. Und als zweites füllte ich kaltes Wasser in eine Trekkingmahlzeit. Ich hatte zwar immer noch keinen Appetit, aber wußte, dass ich Nahrung brauchte. Auch hatte ich von "Coldsoaken" gelesen und wollte es ausprobieren... blieb mir auch nichts anderes übrig, da mein Kocher nicht funktionierte.
Also Wasser zu den dehydrierten Zutaten gekippt, Tüte wieder verschlossen und stehen gelassen.
Ich holte währenddessen Wasser, welches ich filterte und stellte fest, dass mein Zelt schnell getrocknet war.
Nachdem ich mich häuslich eingerichtet hatte, "genoss" ich das kalt-eingeweichte Essen und setzte mich auf einen Felsen mit Blick auf den Ruby Lake.
Das kaltdurchgezogene Essen schmeckte mir nicht wirklich gut und da ich eh kaum Hunger hatte, "würgte" ich es mir eher rein... mein Körper brauchte Energie...
Ich ließ den Tag ausklingen und heute genoss ich die Ruhe und Einsamkeit auf meiner Campsite. Es gingen noch ein paar Wanderer am See vorbei und das ohne, das sie mich sahen, wie ich von oben auf sie runterschaute.
Kurz bevor ich ins Zelt verschwinden wollte, kam eine Wanderin (mein Alter) völlig erschöpft an meiner Campsite an und bat um "Zuflucht". Klar, hier gibt es genügend freie Spots ... und auf Gesellschaft freute ich mich auch.
Während sie ihr Zelt aufbaute, kamen wir ins Gespräch und es entstand eine Wanderfreundschaft, wie sich am nächsten Tag zeigte.
22.08.2023