Heute, am 21.08.2023, hielt mich nichts mehr zurück ... meine Füße wollten los.
Nachdem ich den gestrigen Start gecancelt hatte, ging es dennoch mit dem YARTS Bus los in den Yosemite NP. ...6:52 am stand auf dem Ticket, aber er der Bus kam erst um 7:04 am ;)
Die Fahrt war kurzweilig und es stiegen nur wenige Insassen hinzu. Da der heutige Tag laut Wetterbericht immer noch durchwachsen sein sollte, haben bestimmt vielen, von den eh schon wenigen Hikern dieses Jahr, ihren Start auf den 22.08. verschoben... Ich hatte vertrauen in den Wettergott und wollte nicht mehr warten.
Um 8:37 am setzte mich die freundliche Busfahrerin eine Meile hinter dem Wilderness Center ab. Normalerweise kein Bus Stop, aber damit ich keine 2,5 Meilen laufen musste, war die Dame so nett <3
Ich war schnell am Wilderniss Center, was ab 8am geöffnet hat. Ich kam auch gleich dran und hielt nach dem PrepTalk mein Permit in den Händen...
Um 9:15 am war es also soweit und ich begann meine Wanderung auf dem JMT... ZIEL sollte das Mt. Whitney Portal werden... 220 Meilen durch die Eastern Sierra in Kalifornien... oh man, ich war total EUPHORISCH :)
Ich startete am Lyell Canyon Trailhead und zu Beginn war der Weg eben und anspruchslos. Auch wenn es nur ein "normaler" Pfad durch ein leicht bewaldetes Gebiet ging, fühlte ich mich mit meinem großen Rucksack anders als sonst und strahlte innerlich sowie vermutlich auch äußerlich.
Nach 10m hatte ich dann den ersten nassen Fuß, weil ich eine Pfütze flacher einschätzte als sie war ...
... nach 1 km hat mich eine Wespe, welche sich unter meinem Poncho verfangen hatte, zwei Mal gestochen...
... und nach 6 km sah ich meinen ersten BÄREN in freier Wildbahn!
Ich nahm alles an, sowie es mir die Natur auferlegte. Ich saugte jedes "Bild" auf und fühlte mich FREI.
Die Gegend war steinig, grün, voller Wiesen, dem Fluß und Felsen. Ab und zu sah ich ein Zelt neben dem Trail, versteckt zwischen Bäumen und ein zwei andere Wanderer kreuzten meinen Weg.
Nach vier Stunden machte ich am Wegesrand eine erste Pause. Kein extravaganter Ort ... einfach neben dem Trail. Ich war noch nicht eingespielt mit der Natur :)
Kurz nach der Pause führte der Weg dann stetig bergauf... wow, es wurde sofort anstrengend und ich schnaufte gut vor mich hin. Schnell erinnerte ich mich, dass ich mich hier auf einer anderen Elevation befinde als zuhause im wohlgehüteten Hamburg.
2700 m waren es zu diesem Zeitpunkt und es sollte noch auf 2990 m hoch gehen. Ich wollte so dicht an den ersten Pass... den Donohue Pass... rankommen, damit ich morgen vormittag leichtfüßig rüberfliegen kann.
Ganz nach dem Motto ...step by step... schlich ich den Berg hoch. Um mich herum war es still und nur das Wasserrauschen war zu hören. Wasser gab es übrigens genug!
Durch das Rekordschneejahr und der daraus resultierende Schneeschmelze floss das Wasser überall. Es machte kein Halt vor dem Trail... es floss einfach drüber und machte es sich zu eigen... es zeigt mir wieder, dass die Natur keine Grenzen hat...
Nasse Füße blieben übrigens an der Tagesordnung.
Um 3pm war ich fertig mit der Wanderung für heute. Ich konnte nicht mehr und entschloss mich heute nicht weiterzugehen...
Über die FarOut App schaute ich, wo eine mögliche CampSite ist. Theoretisch (und auch praktisch) darf man überall sein Zelt aufschlagen. Man musste nur folgende Regeln beachten:
Ich hatte keine Probleme eine geeignete Stelle zu finden und setzte meinen Rucksack ab. Das war jedes Mal eine Wohltat für die Schultern und man fühlte sich gleich 20kg leichter.
Auch an allen weiteren Tagen hatte ich immer eine Site in Wassernähe. Das war praktisch, da man Wasser brauchte.
Für mich war vieles neu auf der Wanderung. Mein Zelt hatte ich zwar schon im Grand Canyon aufgebaut, aber hier war es anders.
Es war mitten in der Wildnis und ich war alleine. Im Grand Canyon gab es einem Campground und um mich herum waren andere Wanderer, die Gleiches taten.
Hier war ich komplett auf mich alleine gestellt und hatte nur meinen Garmin InReach Mini2 als Sprachrohr zur zivilisierten Welt. Normalen Handyempfang gab es nicht ...
Nun gut... einen Umstand an den ich mich gewöhnen sollte/ müsste/ wollte. Ich bin doch eine erfahrene SoloHikerin.
Ich fing also an mein Zelt auszupacken und aufzubauen ... eine der vielen Routinen der nächsten Tage.
Danach drehte es sich um Wasser. Es wollte geholt und gefiltert werden. Auch das ging von Statten, auch wenn man beim Sawyer Mini Filter echt Geduld brauchte. Das Wasser benötigte halt seine Zeit um sich durch den Filter zu drücken... aber Zeit war das was ich genug hatte!
Trotzdem fühlte ich mich überfordert... erklären kann ich es nicht... aber es war so.
Hunger hatte ich überhaupt keinen ... null Appetit ... das sollte sich die nächsten Tage auch nicht ändern. Aus Gesprächen mit anderen Wanderern hörte ich oft, dass das "normal" ist. Einige gaben der Elevation die Schuld, andere der Müdigkeit am Ende des Tages... was auch immer dazu führte, es wurde liebevoll die JMT-Diät genannt. ... einen Beef-Riegel ass ich trotzdem.
Ohne richtiges Abendessen lag ich um 5 pm in meinem Zelt... es tat tatsächlich gut zu liegen und da ich noch nicht wirklich schlafen konnte, lauschte ich dem nahgelegenen Fluss und dem Wind.
Ich hoffte tatsächlich auf Gesellschaft (sehr untypisch für mich)... Aber entweder kam niemand mehr vorbei oder blieb nicht stehen.
Und so döste ich immer wieder ein... öffnete zum Sonnenuntergang nochmal die Augen, aber entschlief wieder... geweckt wurde ich um 3:30 am als Regentropfen auf mein Zelt prasselten.
21.08.2023